Freitag, 5. September 2014

Großvater mit Affinität zu Deutschland

Ich bin zu Gast- zu Gast bei einer Familie des Dorfes. Alle stellen sich mir mit Namen vor- die Hälfte habe ich leider vergessen nachdem sie ausgesprochen wurden- sie klingen so fremd in meinen Ohren. Der Großvater der Familie ‚kann deutsch’, weil er vor dreißig Jahren mal in Deutschland gelebt hat. Aber wie die Angaben zu seinem Alter (er sagt er sei achzig, sein Sohn sagt er sei hundert und Mustapha erzählt er sei hundertzehn Jahre alt) so gehen auch die Angaben zu der Dauer und zu dem Zeitpunkt seines in Deutschland auseinander. Neben der Problem der Schwerhörigkeit seinerseits stellt es sich als äußerst difficile heraus ein Gespräch zu führen. Er fragt mich immer wieder wie ich heiße und woher ich komme, scheint aber weder meine Antworten noch meine Fragen zu verstehen und die Situation wird eher schwieriger da alle drum herum von mir wissen wollen über was wir reden und was er erzählt. Nach einer Weile verliert der Großteil das Interesse an dem Spektakel in voller Lautstärke bei dem doch nichts herauskommt und nach dem Essen zieht sich jeder zurück. Ein zwanzig-jähriger Sohn des Hauses der mit seiner Mutter aus Paris zu Besuch ist möchte ohne Unterlass mit mir reden. Schließlich kommt er auf das Thema Treue zu sprechen und nachdem ich ihm meinen Standpunkt erklärt habe möchte ich seinen auch wissen. Zuerst ziert er sich aber schließlich meint er, da ich eine Europäerin bin spricht er mit mir darüber obwohl ich eine Frau bin. Mit Frauen spricht man darüber eigentlich nicht. Er erzählt mir, dass Fremdgehen für ihn sehr wichtig ist, dass es quasi die notwendige Pause ist in einer Beziehung. Männer hätten andere Bedürfnisse als Frauen und er brauche die körperliche Abwechslung. Das ändere auch nichts in der Beziehung zu der Frau die er liebe. Wenn allerdings die Frau fremdgehe dann sei das absolut etwas anderes. Das könne man nicht verzeihen und dann sei es absolut aus und vorbei, man könne sich dann als Mann ja gar nicht auf die Frau verlassen und mit der Ehre des Mannes ginge das sowieso nicht. Interessante Perspektive- ich bin wieder mal so froh in einem anderen kulturellen Kontext groß geworden zu sein.

Das Essen


Davon wollte ich eigentlich schon lange berichten. Anmerken möchte ich allerdings gleich zu Beginn dass ich vom Essen hauptsächlich im familiären Kontext bei Mustapha berichten kann und wenn es überhaupt noch weitreichender gilt dann für den Süden des Landes- im Norden ist anscheinend alles anders.
Wie schon erwähnt gibt es morgens Fladenbrot mit Olivenöl, Marmelade und Butter. Letzteres ist nicht immer vollständig vorhanden und normalerweise steht es in drei kleinen Schälchen in der Tischmitte. Dazu gibt es drei Gläschen süßen Grüntees. An guten Tagen und wenn die Frau des Hauses anwesend ist gibt es einen gekochten Brei aus Weizenkleie und Wasser den man mit Datteln isst.
Mittags gibt es meist Tajine. Das ist erstmal nur ein Lehmkochtopf in dem man sehr gut garen kann. Zubereiten kann man damit fast alles- hier gibt es immer Fleisch- Ziege, Huhn oder Schaf- Kartoffeln, Karotten, sehr bittere Oliven und manchmal noch etwas Zucchini. Das Ganze wird ziemlich weich gekocht und mit den Händen, bzw. mit Fladenbrot gegessen. Die erste Woche fand ich das noch ganz lecker, dann viel es mir aber immer schwerer mich jeden Mittag dafür zu begeistern. An besonderen Tagen gibt es alternativ gebackene Auberginenscheiben mit Tomaten, einen Fleischteller und einen Teller mit Salat (viele Kartoffeln- gewürfelt und gekocht- ein paar Salatblätter, grüne Paprika und Tomate). Meist kommt als Nachtisch etwas Obst auf den Tisch: oft sind es Granatäpfel die nun schon seit wir hier sind reif sind und ohne Unterlass gegessen werden. Abends gibt es einen großen Teller mit Reis oder sehr weich gekochte Nudeln- manchmal pur mit einem Glas Milch, manchmal mit Spuren von Gemüse, manchmal mit Fleisch. Alternativ wird, wenn es schnell gehen muss, ein Omelette in der Tajine zubereitet. Manchmal mit grüner Paprika, manchmal mit etwas Tomate und man isst es mit Brot.
In Ausnahmefällen gibt es gegrillte Fleischspießchen, so etwas wie Pizza oder einen Linseneintopf- das ist dann immer ein Grund zum Feiern. Grundsätzlich gibt es keinen Käse und die Mahlzeiten sind extrem salzarm und generell sehr schwach gewürzt zubereitet. Dafür wird sehr viel Fleisch gegessen- meist zweimal am Tag; sehr viel Brot- oft dreimal am Tag und wenn es Gemüse gibt dann meistens sehr lange geschmort. Ich freue mich sehr auf frisches Gemüse und Abwechslung, habe aber auch gehört, dass die marokkanische Küche eigentlich sehr lecker sein soll und es gibt definitiv wunderbare Vielfalt an gutem Gemüse- das sieht man überbordend auf den Märkten. Vielleicht habe ich das Glück auf meiner anschließenden Reise schon mal andere Erfahrungen zu machen.
Zu Ramadan ist die Ernährung ebenfalls eine andere. Im groben- also zu den Hautmahlzeiten bleibt es gleich, nur dass die anstatt um 14:00 Uhr mittags um 00:00 Uhr nachts und statt um 22:30 Uhr abends um 03:30 Uhr morgens gegessen werden. Zum ‚Frühstück’ welches um 19:45 Uhr stattfindet wird das Fasten erst einmal mit einer Dattel gebrochen, anschließend gibt es eine Suppe- entweder aus Linsen, Stärke und Fleisch oder aus Milch und Weizenschrot. Anschließend gibt es salziges Gebäck und eine Menge süßen Kuchen und natürlich Grüntee- geschlafen wird eh erst im Morgengrauen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Nur her damit: Kommentare, Fragen, eigene Erfahrungen sind willkommen