Großvater mit Affinität zu Deutschland
Ich bin zu Gast- zu Gast bei einer Familie des Dorfes. Alle
stellen sich mir mit Namen vor- die Hälfte habe ich leider vergessen nachdem
sie ausgesprochen wurden- sie klingen so fremd in meinen Ohren. Der Großvater
der Familie ‚kann deutsch’, weil er vor dreißig Jahren mal in Deutschland
gelebt hat. Aber wie die Angaben zu seinem Alter (er sagt er sei achzig, sein
Sohn sagt er sei hundert und Mustapha erzählt er sei hundertzehn Jahre alt) so
gehen auch die Angaben zu der Dauer und zu dem Zeitpunkt seines in Deutschland
auseinander. Neben der Problem der Schwerhörigkeit seinerseits stellt es sich
als äußerst difficile heraus ein Gespräch zu führen. Er fragt mich immer wieder
wie ich heiße und woher ich komme, scheint aber weder meine Antworten noch
meine Fragen zu verstehen und die Situation wird eher schwieriger da alle drum herum
von mir wissen wollen über was wir reden und was er erzählt. Nach einer Weile
verliert der Großteil das Interesse an dem Spektakel in voller Lautstärke bei
dem doch nichts herauskommt und nach dem Essen zieht sich jeder zurück. Ein
zwanzig-jähriger Sohn des Hauses der mit seiner Mutter aus Paris zu Besuch ist
möchte ohne Unterlass mit mir reden. Schließlich kommt er auf das Thema Treue
zu sprechen und nachdem ich ihm meinen Standpunkt erklärt habe möchte ich
seinen auch wissen. Zuerst ziert er sich aber schließlich meint er, da ich eine
Europäerin bin spricht er mit mir darüber obwohl ich eine Frau bin. Mit Frauen
spricht man darüber eigentlich nicht. Er erzählt mir, dass Fremdgehen für ihn
sehr wichtig ist, dass es quasi die notwendige Pause ist in einer Beziehung.
Männer hätten andere Bedürfnisse als Frauen und er brauche die körperliche
Abwechslung. Das ändere auch nichts in der Beziehung zu der Frau die er liebe.
Wenn allerdings die Frau fremdgehe dann sei das absolut etwas anderes. Das
könne man nicht verzeihen und dann sei es absolut aus und vorbei, man könne
sich dann als Mann ja gar nicht auf die Frau verlassen und mit der Ehre des
Mannes ginge das sowieso nicht. Interessante Perspektive- ich bin wieder mal so
froh in einem anderen kulturellen Kontext groß geworden zu sein.
Das Essen
Davon wollte ich eigentlich schon lange berichten. Anmerken
möchte ich allerdings gleich zu Beginn dass ich vom Essen hauptsächlich im
familiären Kontext bei Mustapha berichten kann und wenn es überhaupt noch
weitreichender gilt dann für den Süden des Landes- im Norden ist anscheinend
alles anders.
Wie schon erwähnt gibt es morgens Fladenbrot mit Olivenöl,
Marmelade und Butter. Letzteres ist nicht immer vollständig vorhanden und
normalerweise steht es in drei kleinen Schälchen in der Tischmitte. Dazu gibt es
drei Gläschen süßen Grüntees. An guten Tagen und wenn die Frau des Hauses
anwesend ist gibt es einen gekochten Brei aus Weizenkleie und Wasser den man
mit Datteln isst.
Mittags gibt es meist Tajine. Das ist erstmal nur ein
Lehmkochtopf in dem man sehr gut garen kann. Zubereiten kann man damit fast
alles- hier gibt es immer Fleisch- Ziege, Huhn oder Schaf- Kartoffeln,
Karotten, sehr bittere Oliven und manchmal noch etwas Zucchini. Das Ganze wird
ziemlich weich gekocht und mit den Händen, bzw. mit Fladenbrot gegessen. Die
erste Woche fand ich das noch ganz lecker, dann viel es mir aber immer schwerer
mich jeden Mittag dafür zu begeistern. An besonderen Tagen gibt es alternativ
gebackene Auberginenscheiben mit Tomaten, einen Fleischteller und einen Teller
mit Salat (viele Kartoffeln- gewürfelt und gekocht- ein paar Salatblätter,
grüne Paprika und Tomate). Meist kommt als Nachtisch etwas Obst auf den Tisch:
oft sind es Granatäpfel die nun schon seit wir hier sind reif sind und ohne
Unterlass gegessen werden. Abends gibt es einen großen Teller mit Reis oder sehr
weich gekochte Nudeln- manchmal pur mit einem Glas Milch, manchmal mit Spuren
von Gemüse, manchmal mit Fleisch. Alternativ wird, wenn es schnell gehen muss,
ein Omelette in der Tajine zubereitet. Manchmal mit grüner Paprika, manchmal
mit etwas Tomate und man isst es mit Brot.
Zu Ramadan ist die Ernährung ebenfalls eine andere. Im
groben- also zu den Hautmahlzeiten bleibt es gleich, nur dass die anstatt um
14:00 Uhr mittags um 00:00 Uhr nachts und statt um 22:30 Uhr abends um 03:30
Uhr morgens gegessen werden. Zum ‚Frühstück’ welches um 19:45 Uhr stattfindet
wird das Fasten erst einmal mit einer Dattel gebrochen, anschließend gibt es
eine Suppe- entweder aus Linsen, Stärke und Fleisch oder aus Milch und
Weizenschrot. Anschließend gibt es salziges Gebäck und eine Menge süßen Kuchen
und natürlich Grüntee- geschlafen wird eh erst im Morgengrauen.
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