Samstag, 13. September 2014

Aufbruch

 Es ist noch stockdunkel, als morgens um 6:00 Uhr der Wecker klingelt. Mit meinem viel zu schweren Koffer (gestern kamen vier Kilogramm Gewicht durch die Geschenke dazu) machen wir usn auf den Weg nach Goulimime wo um 7:15 mein Bus fahren soll. Er ist nicht da- und wir setzen uns in ein Café gegenüber, trinken Milchkaffe marokkanischer Art in kleinen Gläsern und essen in Fett gebratene Crèpes mit Schmelzkäse und Honig. Um acht Uhr kommt der Bus schließlich und weitere dreißig Minuten später befinde ich mich endlich auf dem Weg nach Agadir. Vor ziemlich genau 9 Wochen bin ich denselben Weg mit einem Taxi gekommen; damals habe ich aber vor Müdigkeit nicht mehr viel mitbekommen. Nun sehe ich die Hügel, die Steinwüste, die kleinen Betriebe mit Olivenbäumen und die Geschäfte mit Arganölprodukten am Straßenrand. Zum Glück ist es ein Bus der Gesellschaft MCF (das größte und bekannteste Busunternehmen in Marokko, sodass es eine Klimaanlage und genügend Platz gibt und man keine Angst hat dass der Bus auseinanderfällt wenn Wind aufkommt. Eineinhalb Stunden später hält der Bus und alle steigen aus: es ist Zeit um zu frühstücken. Das habe ich schon und so warte ich, bis der Busfahrer und sämtliche Mitfahrer ihren Tee und ihre Crèpes verspeist haben und wir nach dreißig Minuten weiterfahren. Zwischendrin hält der Busfahrer plötzlich am Straßenrand und steigt aus. Ich frage mich was nun wohl passiert, aber er kauft nur einen Packen frischer Minze am Straßenrand und die Fahrt geht weiter. Hinter mir sitzt eine Mutter mit ihrem Säugling der fast durchgehend schreit und nach sechs Stunde Fahrt tut selbst im gemütlichsten Bus dann doch einiges weh. Daher bin ich sehr froh als wir die Mittagspause einlegen und sich der Busfahrer eine Tajine am Straßenrand gönnt. Gestärkt geht es weiter: die Straße schlängelt sich an der Küste entlang wo sich roter Stein und weißer Sand abwechseln und mischen. Teilweise sind kaum Menschen zu sehen und teilweise sind die Strände gut besucht. Immer wieder sieht man Menschen mit Pferden oder Kamelen am Strand entlang reiten und wenn wir an touristischen Stränden vorbeifahren drehen die Männer im Bus die ohne Frauen unterwegs sind ihre Köpfe nach den im Bikini spazierenden Frauen um. In Agadir sind zwei Touristinnen zugestiegen und ich verstehe in dem Moment warum Touristen wenn sie aus Ländern wie Marokko ´
heimkommen über unangemessene Blicke klagen trotzdem sie ‚normal’ angezogen waren. Selbst mir fällt es schwer den Blick abzuwenden von den zwei blonden Frauen die mit Top- sprich Ärmelfrei und mit Ausschnitt- den Bus betreten. Passenderweise sprechen sie feinstes Englisch mit Londoner Akzent, tragen Capis, kurze Hosen und beginnen im Bus ihre Brotzeit zu machen; mit Chips und Cola. Unter den verschleierten Frauen wirkt die Szene fast grotesk; als wir Mittagspause machen sind die zwei stark irritiert und wir kommen ist Gespräch. Sie erzählen dass sie eine Woche hier sind und am nächsten Tag wieder zurückfliegen, dass ihnen das Essen nicht schmeckt und dass sie- auch wenn es kulturell sehr interessant war wohl trotzdem nicht zurückkommen werden. Als wir uns in Essaouira angekommen ein Taxi in die Stadt teilen verlangt der Taxifahrer nicht wie vorher ausgemacht 30 Dirham sondern aus unerfindlichen Gründen 10 Dh mehr- für eine Strecke die nicht mal fünf Minuten dauerte. Solcherlei Erfahrungen- erzählen die zwei- haben sie wohl jedes Mal gemacht- ein Grund nicht zurückzukommen…

Ankunft in Essaouira



















In Essaouira angekommen bin ich erstmal beinahe überfordert mit so viel Schönheit. Das ändert sich aber schnell, als ich von Männern die mir ein Zimmer andrehen wollen regelrecht belagert werde. Mit Mühe und Not und viel Ignorieren werde ich den Großteil aber schnell wieder los und mache mich auf den kurzen Fußweg zu dem Hostel das ich vorab ausgesucht habe. Auf dem Weg dorthin spricht mich ein Mensch ausnahmsweise auf eine sehr angenehme Art an und ich beschließe mir das Zimmer das er mir für 100 Dirham pro Nacht anbietet anzusehen. Er führt mich in einen dunklen Hauseingang wo wir erst einmal drei steile Treppen erklimmen; oben angekommen braucht es allerdings nicht mehr viel Überzeugungskraft: Eine Dachterasse mit direktem Blick auf die Stadtmauer, Westen und das Meer sind die Belohnung für den Aufstieg; das Zimmer ist klein und heimelig mit einem großen Bett, Bad und Küche wird mit anderen Mitbewohnern geteilt. Insgesamt ist Platz für fünf Personen; die Wände sind weis getüncht, Fensterrahmen und Türen in bestechend schönem blau. Die helle Sonne dringt durch teilweise bunte Glasscheiben in den Flur und wie so oft in den Häusern hier kann man von ganz oben auf die anderen Stockwerke schauen: in dem Fall nur ein Stockwerk tiefer, wo unsere Vermieter wohnen die eine wunderschöne grüne Oase in dem Zwischenteil errichtet haben.
Ich lasse mich treiben- von der Haustür aus versuche ich noch mir zu merken wo ich wohne und folge dann einfach- meiner inneren Stimme? Die führt mich zuerst zum Hafen wo Fischer haufenweise ihre Waren direkt abgeladen weiterverkaufen. Offene, flache Schuhe sind eindeutig nicht die richtige Bekleidung- nach ein paar Metern habe ich Schmodder an den Füßen aber das Treiben hier ist zu faszinierend: Man scheint hier alles zu finden was die Unterwasserwelt zu bieten hat und zwischen Fischköpfen und entsorgten Innereien tummeln sich Katzen und Möwen. Nach einem Strandspaziergang bekomme ich Hunger und beschließe mich auf die Suche nach zubereitetem Fisch zu machen. Bei der kurzen Dusche daheim mache ich die Bekanntschaft zweier netter junger Frauen und nach zwanzig Minuten Unterhaltung auf englisch und der Vereinbarung zum gemeinsamen Abendessen stellen wir fest, dass wir alle drei deutsche sind.

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