Schafe- ein neues Projekt
Plötzlich vergeht die Zeit ganz schnell- der letzte Tag in
Oumifiss ist angebrochen und nach einem besuch im Hühnerstall und der täglichen
Routine verkündet uns Mustapha stolz, dass er nun Schafe hat. Dreißig Stück hat
er einem Schäfer in Goulimime abgekauft und er will seine Herde bis auf
mindestens fünfzig Schafe vergrößern. Wir dürfen die Herde besichtigen und
finden einen ca 25m² großen Stall vor, wobei der Ausdruck ‚Stall’ übertrieben
ist, es handelt sich vielmehr um ein ummauertes Stück Erde. Noch scheint die
Sonne erbarmungslos auf die Tiere herab- in den folgenden Wochen soll ein Netz
gespannt werden, sodass genügend Schatten vorhanden ist. Sie sollen ebenfalls
Luzerne verfüttert werden weil Mustapha meint dass es genügend gibt um davon
achtzig Schafe zu ernähren- auf Nachfrage ob er die alle in dem Stall halten
will lautet die Antwort „Aber natürlich! Hier passen auf Jeden Fall achtzig
Schafe rein“ und auf die Frage ob er bei seiner Berechnung der Luzerne
einberechnet hat, dass er seine Hühner (von denen er eigentlich mal 1000 auf
engstem Raum halten wollte) ebenfalls damit ernähren möchte, schweigt er kurz
und meint dann dass die überhaupt nicht viel Luzerne brauchen. Er erzählt das,
gerade nachdem am Vorabend die Spezialisten für Hühner anwesend waren und
verkündet haben, dass die Hühner unterernährt sind.
Ein Schäfer soll sich um die Schafe kümmern und darum, dass jeden Tag genügend Luzerne in den Stall kommt. Letzteres klingt in meinen Ohren sehr unrealistisch weil es bisher niemand geschafft hat, die Hühner auch nur annähernd täglich mit dem grünen Kraut zu versorgen, aber wer weiß, vielleicht ist es ein engagierter Schäfer der motiviert genug ist jeden Tag für dreißig Schafe Grünfutter mit der Sichel zu schneiden. Auf die Felder will Musapha sie nicht lassen, weil er Angst hat, dass sie Verwüstung anrichten könnten. ‚Mein’ Hund soll zum Hütehund erzogen werden- Mustapha hat versprochen sich zu kümmern dass er gut ernährt wird (er bekommt immer die toten Hühner und die Eier die nicht mehr verwendet werden können) und will ihm eine Anti- Parasiten- Kur verpassen. Ich hoffe dass das ein gutes Hundeleben wird, frage mich aber was er hüten soll wenn die Schafe in den vier Wänden eingesperrt sind (abgesehen von meinen Zweifeln was die versprochene gute Ernährung betrifft). Ich bin sehr froh diesen Ort zu verlassen- diese Art von Tierhaltung bei der es eigentlich an allem fehlt was zu artgerechter Tierhaltung zählt, was aber gleichzeitig als normal und legitim empfunden wird macht mich traurig und fassungslos. Natürlich herrschen hier andere Standards und Werte, aber ich merke dass mir das Wohl anderer Lebewesen so am Herzen liegt dass es mir immer schwerer fällt meinem Chef wertschätzend und offen zu begegnen. Es sollte nach keinen Standards als ausreichend gelten, Tiere in ein ummauertes Gebiet zu stellen und ihnen einmal am Tag vertrocknete Blätter des Johannesbrotbaumes und ein paar grüne Stängel zu servieren. Aber ethische Urteile bringen leider- ebenfalls wie Kommunikation nicht weiter- ich befürchte dass auch hier die Erfahrung von Nöten ist, dass erstmal die Hälfte des Bestandes stirbt bevor bemerkt wird, dass vielleicht doch irgendein Aspekt der Tierhaltung nicht zu erwünschtem Ergebnis der Vermehrung der Tiere führt.
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