Samstag, 9. August 2014

Feierlichkeiten in der Wüste & Abschied von Road Tree'p

Nach dem Frühstück und nachdem die Gäste ihre Schlafsäcke, Zelte und sonstiges Hab und Gut wieder eingepackt haben, machen wir uns auf den Weg nach Tantan. Wir sind zu spät- wie eigentlich immer- die Sonne steht schon hoch am Himmel und wir brauchen zwei Stunden, auch wenn es Kilometermäßig gar nicht so weit ist. Wir haben 150 Bäumchen auf der Ladefläche und sind froh, dass diesmal tatsächlich jeder von uns einen vernünftigen Sitzplatz hat und das Auto ausnahmsweise nicht überfüllt ist. Da besteht Mustapha sogar darauf, dass wir uns anschnallen. Wir begeben und in eine andere Welt- in eine Welt die von Schlangen, kleinen Nagetieren, Skorpionen und Kakteen bevölkert wird. Als wir nach einer Buspanne schließlich an dem Ort ankommen wo wir hinwollen sind wir alle überrascht: Mustapha hat niemandem von uns gesagt dass uns ein riesiges Fest der Sippe der auch er angehört erwartet. Ca 2000 Menschen sind anwesend und sie alle tragen ihre Festtagsgewänder: Männer ihre weiß- blauen Kutten, Frauen bunte Festtagsschleier. Drei Dromedare, denen die Beine so zusammengebunden werden dass sie sich nicht bewegen können, wurden als Geschenke von anderen Sippenmitgliedern mitgebracht. Für fühlen uns definitiv falsch bekleidet mit unseren erdigen Arbeitsklamotten, aber Mustapha meint, wir würden damit ein gutes Zeichen setzten. Er selbst hat sich im Auto noch schnell umgezogen.

 Wir werden äußerst freundlich in Empfang genommen und in dem großen Festtagszelt auf drei Tische verteilt die alle sehr festlich geschmückt sind. Es gibt sogar Besteck und Porzellanteller mit verziertem Rand. Innerhalb der nächsten Stunde füllt sich das Zelt langsam und Kellner in weißen Hemden und schwarzen Hosen beginnen Tee und süßes Gebäck zu verteilen. Nach weiteren zwei Stunden und vielen Ansprachen auf Arabisch wird das erste Gericht serviert: jeder Tisch bekommt auf einer Silberplatte ein junges Zicklein serviert. An einem Tisch sitzen ca. acht Personen. In der Annahme dass das das gesamte Gericht ist essen wir reichlich. Danach wird allerdings ein zweiter Gang- fünf Hühnchen mit Oliven und etwas Soße garniert- serviert. Anschließend gibt es Couscous mit Fleisch und etwas Gemüse; aber da kann leider keiner von uns mehr etwas essen. Abschließend wird ein Obstteller serviert; mit vielen leckeren Obstsorten. Die Speisen die übrig geblieben sind werden wieder in die Lastwägen verladen mit denen sie extra viele Kilometer weit in die Wüste gebracht wurden. Beim Verlassen des Zeltes werden wir mit verschiedenen parfümierten Wässerchen übergossen, sodass wir danach wie Duftbäumchen durch die Gegend wandeln, es aber selbst kaum noch riechen. In großem Trubel verabschieden wir uns von der Road Tree’p Gruppe die ihren Weg nach Süden fortsetzt während wir uns wieder auf den Weg nach Oumifiss machen. Davor laden wir noch die Bäume ab- fürs Pflanzen reicht die Zeit leider nicht mehr. 


Auf der Rückfahrt begegnet uns eine riesige Herde Dromedare. Es müssen um die 300 Tiere sein und mir kommt wieder mal der Gedanke, dass ich Tiere einfach lieber lebendig mag. Wie aus dem Bilderbuch oder im Film heben sich die geschwungenen Körper von der Ebene ab; in einiger Entfernung dahinter liegen die Berge und alles ist getaucht in das warme, rote Licht der untergehenden Sonne. Mustapha erzählt uns Geschichten: er erzählt von Zeiten vor ungefähr zwanzig Jahren, als die Gegend noch fruchtbar war- als es noch blühte und grünte und Bäume schneller wuchsen als man sie fällen konnte. Doch Jahr für Jahr- und das erscheint wirklich absurd, bzw. grotesk angesichts des Klimawandels der hier bestimmt nicht verursacht wird- regnete es weniger. Es gab weniger grün, weniger Blüten, weniger Tiere. Fauna und Flora veränderten sich. Das Land wurde zur Wüste und für viele Tiere und Pflanzen war Südmarokko kein Raum mehr zum leben. So ist es heute immer noch, aber Menschen beginnen sich zu wehren: hier werden Bäume gepflanzt, weil die Bewohner dieses Fleckchens Land wissen, was Klimawandel bedeutet. Weil sie spüren, dass auch für Menschen Leben schwierig wird. Weil sie wissen, dass es Dinge ändert wenn ein Baum mehr oder weniger steht und wenn ein Auto mehr oder weniger fährt. Vielleicht ändert es hier erst einmal nur wenig, aber die Welt atmet ein bisschen mehr; mit jeder Pflanze die gedeiht.

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