Letzter Tag der Fortbildung und eine kranke Sadia
Heute ist der letzte Tag der Fortbildung. Dafür haben wir
gestern Nacht noch lange das Vorzimmer des Hühnerstalls geputzt. Das tun wir relativ
häufig- durchschnittlich alle zwei Wochen. Dann wird Staub gewischt,
desinfiziert, der Boden geschrubbt. Dann ist der Vorraum zum Hühnerstall fast
klinisch sauber, während die Bakterien und Flöhe im Hühnerstall nebenan nahezu
ungestört weiterleben dürfen. Es gibt ein großes Festessen bei uns. Sadia- die
seit einigen Tagen schlimme Schmerzen im Kopfbereich hat (ob das Zahnweh ist
oder vom Asthma kommt können wir aufgrund der sprachlichen Barrieren nicht
verstehen)- hat zum Glück Hilfe bekommen um für die sechzig Leute ein zwei-
Gänge- Menü zu zaubern. Eine Ziege wurde gestern zu diesem Anlass geschlachtet;
die gibt es als ersten Gang- mit Brot. Als zweiten Gang werden Nudeln mit Huhn
und Rosinen an die Tische getragen; den Abschluss bilden Kaktusfrüchte und ein
Obstteller. Heute ist der erste richtig heiße Tag hier- in Guelmim klettert das
Thermometer bis auf 51°Celsius, bei uns ist es ca. fünf Grad kühler- aber
dennoch definitiv zu viel für meinen Geschmack. Sogar als die Sonne abends
untergeht kühlt sich die heiße Luft kaum ab. Sadia windet sich inzwischen vor
Schmerzen doch keiner hat eine Idee was man unternehmen könnte. Mustapha meint,
einen Arzt gibt es nicht; als ich herausfinden möchte was er damit meint bleibt
seine ungeduldige Antwort dieselbe. Schließlich findet Imame ein paar
Schmerztabletten die Sadia eingeflößt werden. Langsam scheint es besser zu
werden und sie isst schließlich sogar mit uns zu Abend: Nudeln mit Zucker.
Auf der Suche nach Regenwasser
Im Landesinneren bzw. im Norden des Landes stürmt es stark.
Es gewittert und es kommen solche Sturzbäche vom Himmel, dass im Landesinneren
ganze Dörfer weggespült werden die aus Lehm gebaut sind. Schlimm ist es vor
allem an den Orten, wo in Vergessenheit geraten ist, dass ehemals ein Flussbett
lag und wo die Menschen sich arglos niederlassen. Dadurch gibt es wohl immer
wieder einige Tote- hier spürt man davon aber nichts. Nach wie vor steht
die heißt Luft und auch wenn die Sonne nicht scheint so ist die Hitze dennoch
so drückend dass jegliche Bewegung zur Anstrengung wird. Nachmittags fahren wir
zu dritt- zwei Männer aus dem Dorf und ich- zum Regenwasser holen. Wir nehmen
die Straße die Richtung Plage blanche führt und kommen unterwegs zweimal an
Männern vorbei die einfach im Nichts- mitten in der Wüste- auf Klappstühlen
sitzen und uns interessiert hinterher schauen. Ich frage mich was sie wohl dort
machen und wie lange sie wohl dort sitzen- und ich wundere mich mal wieder wie
unterschiedlich Leben so sein können. Mir kommt auch der Gedanke, dass mich die
Arbeitsmoral die hier herrscht eigentlich gar nicht mehr wundert, weil es mir
selbst so geht, dass diese Hitze die untertags herrscht das Arbeiten fast
unmöglich macht. Der Brunnen mir Regenwasser ist ein sechs Meter tiefes Becken,
das von außen wie eine Wölbung aus Stein aussieht. Die Hälfte des Wassers ist
noch da und wir verbringen eine Stunde damit mit aufgeschnittenen fünf- Liter-
Kanistern das Wasser aus der Tiefe zu holen und in unsere Kanister zu füllen.
Nach eineinhalb Stunden sind wir um fünf Uhr Nachmittags wieder in Oumifiss und
ziemlich k.o. Der prophezeite Regen bleibt bei uns leider aus und Mustapha
erzählt abends von dem Problem, dass die Wildschweine der Gegend wohl die
gesamte Kaktusernte aufgefressen haben, weshalb nicht- wie vorausgesagt-
Gewinne erzielt werden konnten. Nichts desto trotz- die Ernste des
Johannesbrotbaumes ist nicht verloren und wir bekommen noch jeder ein halbes
Glas Saft zum Probieren. Dieser wird zubereitet indem die Kerne entfernt
werden, die Früchte zerkleinert und mit Zucker gekocht. Es schmeckt eher nach
Medizin als nach Saft- trotz der Süße schmeckt man die Bitterkeit und es bleibt
ein pelziges Gefühl in Mund und Hals zurück. Aber- und das überzeugt mich
vollkommen- es wird normalerweise Babynahrung damit hergestellt weil der Nährwert
so gut sein soll. Bei der sonstigen Ernährung hier freut mich das sehr und ich
genieße mein bittersüßes Glas Saft.
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